Neunhofer Tracht, historische Aufnahme
Neunhof hat zwar das Schloss - aber keine eigene Kirche. Trotzdem findet hier jedes Jahr im Herbst eine große Kirchweihfeier statt, von den Einheimischen liebevoll "Kärwa" genannt.
Die Tradition der Kirchweih verbindet im Nürnberger Raum seit mehreren hundert Jahren kirchliche Elemente mit gewachsenem Brauchtum. Ursprünglich war sie ein rein kirchliches Fest zu Ehren des Schutzpatrons der Kirche, zu der der Ort gehörte. Schon bald gliederte sich aber dem Kirchenfest auch ein Volksfest an.
In Neunhof wurde die Kirchweih 1825 von Christoph Wilhelm Carl Freiherr Kress von Kressenstein, dem damaligem Schloßherrn wieder ins Leben gerufen, nachdem sie zuvor nicht mehr abgehalten worden war. Seither wurde sie fast in jedem Jahr gefeiert.
Historisches Bild des Tanzes um den Kirchweihbaum in Neunhof
Ein spezielles Merkmal der Neunhofer Kärwa ist, dass sie sozusagen doppelt abgehalten wird. Das Unterndorf und das Oberndorf oder die "Unteren" und "Oberen" besitzen jeweils eigene, konkurrierende Kirchweihgruppen.
Die Kärwa startet jedes Jahr an dem Freitag im September, der dem zweiten Montag (dem Haupttag der Kärwa) in diesem Monat vorangeht. Während das Unterndorf sich im "Alten Forsthaus" trifft und zur Ziehharmonika Kirchweihlieder erklingen lässt, startet das Oberndorf nach alter Tradition mit dem Bieranstich im Festzelt.
Am Samstag werden die Kirchweihbäume mit geschmückten Pferdefuhrwerken in den Ort gebracht. Obern- und Unterndörfer treffen sich vor dem "Alten Forsthaus" und messen sich in einem "Singwettkampf", bei dem es vornehmlich um Lautstärke geht. Am Ende singen alle Burschen einträchtig ein Lied, um zu zeigen, dass sie halt doch alle Neunhöfer sind. Anschließend werden die Bäume aufgestellt. Das gelungene Aufstellen wird am Abend im Wirtshaus und Festzelt kräftig gefeiert. Aus diesem fröhlichen Beisammensein verabschieden sich später die drei Platzgesellen der beiden Dorfhälften mit ihren Mädchen, um bei der Erbengemeinschaft des Schlosses ihren Besuch abzustatten und mit Wein bewirtet zu werden. Bevor die jungen Leute wieder ins Dorf entlassen werden, wird im inneren Schlosshof die Kirchweih in Form eines Tonkrugs vergraben.
Mitglieder der vormaligen Erbengemeinschaft mit Familie in Neunhofer Tracht 2018
Am Sonntag ziehen nacheinander die beiden Kirchweihgruppen von Musikkapellen begleitet in den inneren Schlosshof ein, wo sie den zuvor vergrabenen Tonkrug wieder ausgraben, die "Schlossherrschaft" hochleben lassen und den Krug auf den Pflastersteinen zerschlagen. Die Scherben sollen Glück für das nächste Jahr bringen. Danach findet ein großer Festumzug statt, der in monatelanger Arbeit von den Neunhofer Bürgern mit großer Fantasie, Kreativität und handwerklicher Kunst zusammengestellt wird. Auf einer großen Anzahl von aufwendig gestalteten Festwagen werden Ereignisse des alltäglichen und besonders des politischen Lebens persifliert. Prächtige von Pferden gezogene Blumen- und Musikwagen bilden einen weiteren Höhepunkt des Umzuges.
Blumenwagen aus dem Festumzug 2018
Der Montag ist traditioneller Höhepunkt der Kirchweih. In aller Herrgottsfrühe ziehen die Burschen zum Wecken mit einem Musikwagen durchs Dorf. Anschließend wird eine Gans ausgetanzt. Nahtlos schließt sich ein Frühschoppen an, untermalt von Blasmusik und dem Vortragen von Kirchweihliedern sowie Witzen, die häufig deutlich unterhalb der Gürtellinie liegen. Am Nachmittag finden sich Kirchweihburschen und -madeln in der schönen Neunhofer Tracht gekleidet an ihren jeweiligen Kirchweihbäumen zum Betzentanz zusammen. Bei dem Betzen handelt sich um ein vom Schloss gestiftetes, geschmücktes Schaf, das ausgetanzt wird.
Kärwamadeln in Tracht mit dem Betzen 2018
Im Neunhofer Schloss haben sich mittlerweile Stiftungsmitglieder und geladene Gäste versammelt. Gemeinsam ziehen beide Dorfhälften in den Schlosshof ein. Die Betzengewinner und Platzgesellen sind in die Innenräume des Schlosses geladen. Anschließend wird aus dem Schloss die Rede des Stiftungsvorstands gehalten. Häufig folgt dann ein Grußwort der Bayrischen Staatsregierung und abschließend richtet ein Bürgermeister der Stadt Nürnberg einige Worte an das Dorf.
Offiziell beendet wird die Kärwa mit einem Tanzabend am folgenden Mittwoch.
Die Stiftung Schloss Neunhof hat es als Nachfolger der Schlossherren der Familie Kress von Kressenstein und der vormaligen Erbengemeinschaft zur Aufgabe gemacht, die Tradition der zu erhalten und die Abhaltung der traditionellen Kirchweih weiter aktiv zu unterstützen und zu fördern.